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22.12.2015

Dreh- und Angelpunkt Betreuung

Gäste im Café Welcome
Im Bürgerhaus Trier-Nord kommen Flüchtlinge und Stadtteilbewohner im „Café Welcome“ ins Gespräch.
Das Thema Flüchtlinge beherrschte in großen Teilen die Stadtratssitzung vor Weihnachten. In der Einwohnerfragestunde wurde zunächst die mögliche Unterbringung von Asylbewerbern auf der Tarforster Höhe diskutiert. Bei der Betreuung der Flüchtlinge waren sich die Fraktionen einig, dass die Stadtverwaltung in diesen schwierigen Zeiten gute Arbeit leistet.

„Wir haben eine Flüchtlingskatastrophe in Europa“, verdeutlichte Oberbürgermeister Wolfram Leibe zu Beginn der Diskussion die Dimension des Themas. Für die Auswirkungen auf Trier, die diese außerordentliche Situation mit sich bringe, müsse die Stadtverwaltung Lösungen finden und bisher funktioniere das gut, befand er weiter. Niemand müsse im Zelt oder in Stahlcontainern wohnen, weder die Messe- noch Turnhallen seien mit Asylbegehrenden belegt. Die Stadt suche weiter intensiv nach Wohnraum, prüfe jedoch auch die wenigen Grundstücke, die der Stadt gehören, darauf, ob dort Unterkünfte gebaut werden können.

Für die Betreuung und Versorgung asylbegehrender Menschen, die eine Pflichtaufgabe der Kommune ist, brachte die Verwaltung eine ausführliche konzeptionelle Vorlage ins Plenum ein, die die Ratsfraktionen bei zwei Enthaltungen der AfD einstimmig annahmen. Sie beschreibt das Vorgehen der Stadt in verschiedenen Handlungsfeldern, die für die soziale Betreuung der Asylbegehrenden von Bedeutung ist, und begründet eine entsprechende Aufstockung des Personals.

Bei zentraler Unterbringung der Flüchtlinge, beispielsweise in der Jägerkaserne, im Burgunderviertel oder in der Geschwister-Scholl-Schule, soll ein Betreuungsschlüssel von 1:75 zum Einsatz kommen, bei dezentraler Unterbringung in Wohnungen einer von 1:150. Zur Sozialberatung zählt alles, was eine Eingewöhnung in die neuen Lebensumstände und die Gesellschaft betrifft, von Hilfe bei der Kontoeröffnung bis hin zu Aufklärung in Bezug auf Mülltrennung und Haushaltsenergie. Um Menschen schnell in eigene Wohnungen zu vermitteln, soll im Rathaus ein Team von drei Personen Wohnraumakquise und Auszugsmanagement betreiben. Ehrenamtliche Helfer werden als eine wichtige Ergänzung der professionellen Akteure gewürdigt. Ab 1. Januar 2016 führt die Bürgerservice GmbH das Projekt „Jobpilot“ durch, das die beruflichen Kompetenzen von Flüchtlingen erfasst, um sie in den regionalen Ausbildungs- und Arbeitsmarkt integrieren zu können.

Stimmen der Fraktionen

Die Ratsfraktionen äußerten sich durchweg positiv zu der ausführlichen Vorlage, forderten jedoch teilweise, das Personal noch viel deutlicher aufzustocken. Jutta Albrecht (CDU) befand hierzu: „Eine gut funktionierende Sozialbetreuung ist der Dreh- und Angelpunkt für eine gute Integration.“ Immer noch gebe es viel zu wenige Sozialarbeiter für eine Betreuung an den verschiedenen Wohnorten im gesamten Stadtgebiet. Mit Blick auf das nahende Fest der Liebe zitierte sie das 5. Buch Mose: „Der Herr hat die Fremdlinge lieb“ und wandte sich mit den Worten an die Anwohner der Baugebiete auf der Tarforster Höhe: „Geben Sie Ihren Nachbarn die Chance zu beweisen, dass Fremdes und Anderes nicht negativ sein muss.“

Maria de Jesus Duran-Kremer (SPD-Fraktion) befand: „Die Vorlage zeugt von den Bemühungen vieler, die zu uns Kommenden zu integrieren.“ Thorsten Kretzer (Bündnis 90/Grüne) dankte der Verwaltung für die geleistete „tolle Arbeit“ und fügte hinzu: „Es ist erstaunlich, wozu wir in diesen Zeiten in der Lage sind.“ Die Aufnahme der Menschen, die in Not sind, bezeichnete er als christlich und humanistisch. Prof. Hermann Kleber (FWG) betonte: „Die Arbeit ist ein gesetzlicher Auftrag im Rahmen der Verfassung, aber auch in unserem Sinne. Wenn wir sie umsichtig und richtig machen, haben wir die Möglichkeit, das Problem zu bewältigen.“ Allerdings sei der bisherige Finanzausgleich unzureichend, der Bund müsse die Kosten tragen.

Paul Hilger (Linke) kritisierte: „Für die Sozialbetreuung und -beratung ist die Personaldecke ziemlich dünn. Der 1:150-Schlüssel ist zu gering und führt zu einer Überlastung des Personals. Für das Unterstützernetzwerk sollte die Stadtverwaltung ein offenes Ohr haben.“ Michael Frisch (AfD) erläuterte: „Die AfD lehnt die Landes- und Bundespolitik ab, die die Kommune ausbaden muss. Menschen müssen zurückgeführt und der Zustrom gestoppt werden. Als Kommune haben wir aber Verantwortung für die zu uns gekommenen Menschen, sie würdig zu behandeln und zu versorgen. Das ist ein Gebot der Humanität.“

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