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06.12.2016

Hilfe beim langen Weg in die Berufswelt

Integrationslotsin Anja Schmitt mit Berufsschülern aus Afghanistan, dem Iran und Syrien
Yahya aus dem Iran, Mansoor aus Afghanistan und Nirjivan aus Syrien (v.l.) umringen die neue Integrationslotsin am Berufsschulzentrum, Julia Schmitt, die den jungen Migranten mit Rat und Tat zur Seite steht.
Über 160 junge Flüchtlinge lernen in den Berufsbildenden Schulen in Trier Deutsch, holen einen Schulabschluss nach, bereiten sich auf eine Ausbildung vor oder haben bereits eine angefangen. Hierzu ist eine Fülle organisatorischer und pädagogischer Maßnahmen notwendig. Diese koordiniert seit September eine hauptamtliche Integrationslotsin.

Nach drei Monaten Arbeit als Integrationslotsin weiß Julia Schmitt, welche Themen Schüler, Lehrer und Kooperationspartner bewegen: Unter anderem sind dies organisatorische Herausforderungen und das soziale Miteinander. Schüler benötigen beispielsweise zusätzliche Deutschnachhilfe, weil sie in den Berufsschulklassen nicht mitkommen, sie verlieren ihre Fahrkarten oder wissen nicht, woher sie Schulhefte bekommen. Lehrer haben Probleme mit einzelnen Schülern, die mit der Unterrichtssituation überfordert sind. Die Schule muss zudem ständigen Kontakt zu den Sozialdiensten und Jugendhilfeeinrichtungen halten, die die Schüler betreuen.

Lange Zeit wurden diese Aufgaben nebenbei von den Schulleitern erledigt, wie Michael Müller, Leiter der Berufsbildenden Schule Gewerbe und Technik, erzählt. Doch mit der großen Zahl von Migranten, jeder mit individuellen Problemen, sei dies nicht mehr möglich gewesen. Dank der Unterstützung durch die Sparkassenstiftung „Partner für Schulen“, der Nikolaus-Koch-Stiftung, der Herbert- und Veronika-Reh-Stiftung sowie der Stadt Trier konnte das Berufsschulzentrum eine Integrationslotsin des Caritasverbandes Trier in Vollzeit übernehmen. Die Stelle ist bis 30. April 2018 gesichert.

„Das Projekt hat eine hohe gesellschaftliche Relevanz. Hier geschieht Integration live, und die Schulen benötigen massive Unterstützung“, betonte Torsten Gärtner von der learn-factory der Caritas die Bedeutung der Arbeit, die an den Berufsbildenden Schulen geleistet wird. Junge Flüchtlinge über 16 Jahren, die keine passende Regelschule besuchen können, haben hier die Chance, Deutsch zu lernen und sich für den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt fit zu machen.

Alphabetisierungsklassen

Im ersten Jahr lernen die jungen Migranten vor allem die Sprache, im zweiten stehen auch praktische Übungen zu Metall, Holz, Autos und Farbe auf dem Lehrplan sowie Betriebspraktika, wie Schulleiter Müller erklärt. Je nach persönlicher Befähigung und Neigung können die Schüler verschiedene Abschlüsse anstreben, bis hin zur Hochschulreife. Als herausragendes Beispiel dafür, wie Bildungskooperation in Trier funktionieren kann, wenn alle Akteure mitspielen, nannte Müller die Alphabetisierungsklassen, die sie einrichten mussten, als feststand, dass nicht alle neuen Schüler lesen und schreiben konnten. Für diese Kurse konnten zwei Grundschullehrerinnen der benachbarten Ausonius-Grundschule gewonnen werden.

Von den 160 Flüchtlingen am Berufsschulzentrum haben circa 50 bereits eine duale Ausbildung oder eine Einstiegsqualifizierung angefangen, die sie an eine Ausbildung in einem Betrieb heranführt. Einer von ihnen ist der 21-jährige Nirjivan aus Syrien. Er wird Zahntechniker, sein Traumberuf, den er am liebsten auch schon in seiner Heimat gelernt hätte, wie er erzählt. Doch für die Ausbildung hätte er in das gefährliche Damaskus ziehen müssen, in dem damals schon der Krieg tobte.

Yahya aus dem Iran ist seit einem Jahr und sechs Monaten in Deutschland und lernt zurzeit noch Deutsch. Er hat Metallbauer gelernt und im Iran Rohrleitungen für Erdöl geschweißt. Bei der Handwerkskammer hat er bereits eine Anerkennungsprüfung gemacht, die ihm seine Berufsqualifikation bescheinigt. Er schaut positiv in die Zukunft, wenn er sich auch noch nicht ganz darüber im Klaren ist, ob er direkt eine Arbeit suchen oder doch noch ein Studium beginnen soll.

Einen ähnlichen Hintergrund hat Mansoor aus Afghanistan. Auch er ist Metallbauer, von der Handwerkskammer anerkannt und hat sogar eine Arbeitsstelle in Aussicht. Jedoch bekommt er keine Arbeitserlaubnis, weil er seine afghanischen Papiere verloren hat und ihm das afghanische Konsulat in Deutschland keine neuen Dokumente ausstellt. Seine Pläne, zu arbeiten und später einen Meister zu machen, liegen für ihn trotz bester Voraussetzungen in weiter Ferne. „Ich bin nicht glücklich“, sagt er verzweifelt. Einig sind sich beide jedoch, wenn sie von den vielen „netten Deutschen“ berichten, die ihnen helfen, im Alltag zurechtzukommen und ihre schulischen Wissenslücken zu schließen: „Wir danken allen“.

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