Sprungmarken
01.03.2016

Integration als Gemeinschaftsaufgabe

Kinderstube im Burgunderviertel
Im Burgunderviertel lernen Kleinkinder in der Kinderstube des Deutschen Roten Kreuzes die deutsche Sprache und Kultur kennen. Das Angebot ermöglicht es ihren Eltern, währenddessen einen Deutschkurs zu besuchen. Hier geht es oft laut und fröhlich zu. Damit die Kinder wieder zu Kräften kommen, reicht Pädagogin Alexandra Marx (r.) zwischendurch kleine Stärkungen.
Seit Sommer 2015 weist das Land der Stadt Flüchtlinge zu, die während der gesamten Dauer ihres Asylverfahrens im Stadtgebiet wohnen. In den letzten Monaten hat die Stadt daher mit vielen Partnern ein Netzwerk aufgebaut, das sich um die Betreuung und Eingliederung der Menschen kümmert. Wie dies funktioniert, kann man am Beispiel Kürenz studieren. Im Burgunderviertel hat die Stadt Raum für etwa 130 Asylbegehrende geschaffen.

Die Stadt ist gesetzlich in der Pflicht, den Asylbewerbern Wohnraum zur Verfügung zu stellen, mietet zu diesem Zweck Wohnungen an und hat mit der Jägerkaserne und der Geschwister-Scholl-Schule zwei größere Gebäude für die Unterbringung der Menschen umfunktioniert. Damit die Aufnahme der Asylbewerber reibungslos funktioniert, arbeitet sie mit verschiedenen Partnern zusammen. In wöchentlichen Treffen werden aktuelle Probleme und Entwicklungen besprochen.

Mobiler Hausmeister im Einsatz

Der Bürgerservice (BÜS) übernimmt die Ausstattung der Räume, die sich auf das Notwendigste beschränkt: ein Bett, ein Stuhl und ein Schrank pro Person, hinzu kommt ein Gemeinschaftstisch. Als zeitweise in Deutschland Engpässe bei Betten entstanden, ist auch die Möbelbörse der Caritas eingesprungen. Der Bürgerservice stellt auch einen mobilen Hausmeister für die Gemeinschaftsunterkünfte. Er tauscht defekte Glühbirnen aus, die der alten Elektrik geschuldet sind, repariert Türen und Heizungen und geht aktiv auf die Bewohner zu.

Der Caritasverband Trier ist für die soziale Betreuung im Burgunderviertel und den zwei Gemeinschaftsunterkünften zuständig. Die Sozialhelfer und Sozialarbeiter sind Ansprechpersonen für alle Probleme und Fragen, erklären die Regeln des Zusammenlebens in Deutschland und die Hausordnung im Besonderen, führen in die Mülltrennung ein und geben Gelbe Säcke aus, übersetzen die offiziellen Briefe des Bundesamts für Migration und helfen bei der Suche nach einer eigenen Wohnung. „Unser Ziel ist es, die Leute so schnell wie möglich so selbständig wie möglich zu machen“, erklärt Bernhard Jocher, Abteilungsleiter Flucht und Asyl bei der Caritas. Die Flüchtlinge sollen bei ihren ersten Schritten angeleitet werden, aber gleichzeitig lernen, sich später auch alleine zurechtzufinden. Der Aufwand, der gerade in der Anfangszeit betrieben werde, zahle sich auch später aus, ist Jocher überzeugt.

Kinderbetreuung vor Ort

Das Deutsche Rote Kreuz bietet für die Bewohner des Burgunderviertels eine Kleinkinderbetreuung an. Manche Kinder gehen vormittags hin, andere nachmittags, denn das Angebot können nur bis zu fünf junge Flüchtlinge gleichzeitig nutzen. Ihre Eltern haben währenddessen Zeit, einen Deutschkurs zu besuchen oder andere Dinge zu erledigen. „Wenn die Kinder in Kontakt mit deutschen Erzieherinnen kommen und nicht nur in der Familie bleiben, hat das auch eine sozialisatorische Wirkung“, erläutert Hubert Oos vom Deutschen Roten Kreuz. Hier kommen die Kleinen zudem mit der deutschen Sprache und Kultur in Berührung.

Auch ehrenamtliche Helfer sind im Burgunderviertel aktiv. Sie können sich bei der Ehrenamtsagentur melden, wenn sie Interesse daran haben, sich zu engagieren und beispielsweise eine Familie oder eine Einzelperson zu begleiten. Die Sozialarbeiter fragen ihrerseits die Asylbewerber, ob sie ein Interesse daran haben, sich mit einem Trierer oder einer Triererin zu treffen, die sie unterstützen.

Mehrere Patenschaften

Anna Puch vom Diakonischen Werk bringt Flüchtlinge und Ehrenamtler zusammen. „Einige Patenschaften funktionieren so, dass sich die Leute wechselseitig zum Essen einladen“, erzählt Puch. Daneben gehe es aber meistens auch praktische Hilfe bei der Bewältigung des Alltags. Freiwillige, die auf eigene Faust bei den Asylbewerbern klingeln und ihre Hilfe anbieten, sorgen hingegen eher für Irritationen – bei den Sozialarbeitern, aber auch bei den Flüchtlingen, die gerade lernen, auch in Deutschland nicht jedem die Tür aufzumachen und ihn reinzulassen.

Bei der Einbindung der neuen Bewohner in das Stadtteilleben sind viele verschiedene Partner aktiv. Als sehr hilfreich hat sich im Fall des Burgunderviertels die Existenz des Runden Tischs Neu-Kürenz erwiesen, an dem sich die wichtigsten Organisationen des Stadtteils einmal im Quartal austauschen. Jetzt sitzt auch die Caritas mit in der Runde und erfährt „ganz viel Interesse und Wohlwollen“, wie Susanne Zobel von der Caritas berichtet. Insbesondere mit den Sportvereinen gebe es einen regen Austausch und die ersten Mitgliedsvereinbarungen von Flüchtlingen wurden schon unterschrieben.Der Treffpunkt am Weidengraben (taw) ist ein weiterer Anker für die Integration im Viertel. Er bietet mittlerweile viermal pro Woche einen offenen Sprachtreff an, bei dem pensionierte Lehrerinnen und Lehrer in kleinen Gruppen Unterricht geben.

Die AG Frieden veranstaltet in der Einrichtung wöchentlich einen Frauentreff. Im Treffpunkt begegnen sich Alteingesessene und Flüchtlinge als Nachbarn und knüpfen unkompliziert erste Kontakte. Hierzu soll auch ein Stadtteilcafé beitragen, das im März erstmals stattfindet, wie Laksmi Anhäuser, Sozialarbeiterin im taw, berichtet. Die Chancen für einen Erfolg des Projekts sind groß: Ein Willkommenscafé in der Kirchengemeinde Heilige Edith Stein erfreut sich jetzt schon auf beiden Seiten großer Beliebtheit.

Archiv

Pressemitteilungen nach Zeitraum filternZeige Artikel von


bis